Gutes regionales Bier zu finden, ist nicht mehr schwierig. Im Gegenteil: Craftbiere sind in der Mitte der Konsumgesellschaft angekommen. Entsprechend bin ich im örtlichen Volg in Ardez im Unterengadin auf eine besondere Köstlichkeit gestossen: Mundart Cler & Dreggsch. Es handelt sich um ein helles und ein dunkles Spezialbier, die vom Mundart, einer Barista-Beiz in Scuol vermarktet werden.
Cler
Seinem Namen entsprechend, ist das Cler ein durchsichtiges Helles mit leichten Eintrübungen. Doch diese sind fast nur in der Flasche sichtbar. Geschmacklich hält es sich an das, was die seine Färbung verspricht: Es ist ein schmackhafter, süffiger Durstlöscher. Seine Aromen sind ausgewogen getreidig und fügen sich wunderbar in die frische Ausrichtung dieses Bieres ein. Trotzdem hebt es sich geschmacklich vom industriellen Gebräu mit seinem metallischen Nachgeschmack ab. Ich bin versucht, das ausgewiesene Bergquellwasser für die hohe Geschmacksqualität mitverantwortlich zu machen. Das Cler verspricht, ein idealer Begleiter zu Salsiz, Büdnerfleisch und anderen salzigen Speisen zu sein.
Dreggsch
Dagegen bringt das dunkle “Dreggsch” angenehme malzige Aromen mit sich. Doch es ist bei allem Malz und geröstetem Gout immer noch ein relativ leichtes, dunkles Bier, keines bei dem man sich gesättigt fühlt, wie nach einer halben Mahlzeit. Auch ist die Rauchigkeit nicht erschlagend, Karamellaromen ahne ich eher im Hintergrund. Hauptsächlich prägt das Bier ein Aroma von geröstetem Kaffee. Entsprechend wird es nicht von einer klebrigen Süsse dominiert.
Mundart
Beide Biere eröffnen einen Zugang zu den Geschmackswelten, die Mathias Goller, den Betreiber des Mundart, geprägt haben dürfen. In Bayern aufgewachsen und in der Gastronomie herumgekommen, hat er sich zum Barista ausbilden lassen. Die Kaffeearomen, die der Röstmalz beim Dreggsch hervorbringt dürften kein Zufall sein. Dreggsch ist übrigens ein sächsisches Dialektwort für dunkles Bier und bedeutet “dreckig”. Beide Biere sind in der Bieraria Tschlin in Martina gebraut sind. Bekannt ist sie für ihre Biera Engiadinaisa, die durchaus auch im Unterland verfügbar sind. Für Mundart Cler & Dreggsch muss man schon ins Engadin, zu einem örtlichen Volg oder ins Mundart in Scuol. Das ist auch gut so, denn wie immer bei regionalen Bieren, stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, sie ausserhalb ihrer Region, ihres Geschmackskontexts zu trinken. Ist es nicht nur konsequent, dass ein Produkt, das bewusst regional vermarktet wird auch nur in der entsprechenden Region erhältlich ist?